Jack McAldrin konnte die neue Weltordnung bereits vor seinem geistigen Auge erkennen.
Ihm war von der heiligen Stimme, die alles sah, prophezeit worden, dass man ihm den Auserwählten bringen würde, dass er ihn nicht würde jagen müssen, Nein, die, die in seine Falle tappen würden, waren dabei, ihm das größte und mächtigste Instrument in der Geschichte der Menschheit auf dem Silbertablett zu servieren.
Wenn der Auserwählte erst einmal aus dem Schlummer erwacht war, würde er eine Waffe sein. Er trug sie bereits tief in sich, schlummernd und verborgen.
Sein Blut war das reinste Blut dieses Planeten. In seinem roten Lebenssaft fand sich die Befreiung der Welt.
All die Kriege, die dieses Land hatte erdulden müssen, das gesamte Chaos, bald würde davon nichts mehr vorhanden sein.
Unter der Führung einiger Weniger, die zum Anführer geboren waren und die Vision des ewigen Friedensschlafes hatten, würden sie wie Schäfer über eine Herde von willenlosen, friedlichen Menschen gebieten.
Wie liebevolle Eltern sie führen, nun, da sie unfähig zur Rebellion oder zum Aufbegehren waren.
Die Welt würde wieder und schlussendlich der Garten Eden sein, sobald der Auserwählte unter ihnen wandeln würde.
Ein Hort der Ruhe und des Schlafes, ein ewiges Paradies ohne Gewalt und Waffen und vor allem ein Ort der ewigen Herrschaft eines menschlichen Königreiches aus den Priestern, die sie stellen würden.
McAldrin bewegte seine Schultern unter der schweren Robe, die seine kugelsichere Weste und seine Schutzausrüstung gut verbarg und ihm den Anstrich eines breitschultrigen Kriegers und Feldherrn gab, eine Rolle, die er selbst für sich wie auf seinen Leib geschneidert sah.
Er hatte die besten Krieger seines neuen Tempels mitgebracht, all Jene, die stark genug waren, den Überfall jener zu überleben, die ein notwendiger Teil der Prophezeiung gewesen war.
Er wusste was passieren musste, er hatte die Stimme des Allwissenden vernommen und seine Befehle erhalten, auch wenn es ihm die Heimstatt gekostet hatte und schlimmer noch – etwas, dass er geliebt hatte, auch wenn er den Moment versäumte, es je zum Ausdruck gebracht zu haben.
Seit er sein neues Leben unter den Augen des Allwissenden angenommen hatte, waren die Prophezeiungen so sauber wie Perlen an einer Silberkette verlaufen.
Was der Allwissende gesagt hatte, war eingetreten. Die Suche, der Sarg, seine Tochter.
Was er prophezeite, hatte sich am Himmel zusammengebraut und war dann Wirklichkeit geworden.
Und nun hatte er seine größte Prüfung zu bestehen. Nun würde er in den Augen des Allwissenden seinen hohen Wert beweisen und den Auserwählten befreien.
Er lächelte unter seiner Maske und atmete schwer vor Vorfreude auf die kommende Schlacht.
Die unwürdigen, ungereinigten Fußtruppen der Herde würden die erste Front bilden und über die Reisenden des verfluchten Ortes herfallen, sobald sie dumm genug waren, einen Fuß auf die Brücke zu setzen. Mit ihrem kleinen Holzwagen, auf dem der Auserwählte wie ein Stück Vieh transportiert wurde, würden sie nicht einmal die Barrikade durchbrechen können, seine Späher hatten dort exzellente Arbeit geleistet. Sollten es vielleicht einige ihrer Soldaten schaffen, sich der untoten Herde der Ungereinigten zu widersetzen, dann wäre da noch seine Leibgarde. Vier Mann, riesig an Größe, gesegnet vom reinen Blut und beseelt von sanftem Wissen.
Sie hatten die menschliche Hülle und ihre unzulänglichen Nachteile abgestreift, mussten nicht mehr atmen und kannten keinen Schmerz, doch verfügten sie über die Intelligenz, die ein Soldat brauchte, um in diesem Krieg für ihren Tempel zu dienen.
Konnten sie doch noch mit ihren brachialen Waffen umgehen und verstehen, dass sie ihn mit ihrem Leben zu beschützen hatten, auch wenn eine Niederlage in diesem Kampf ausgeschlossen war – er würde seine Leibgarde nach vorne schicken, die Reisenden zu überfallen und den Sarg mit sich zu nehmen. Das silberne Gefängnis zu ihm zu bringen.
Und nun war es an Jack McAldrin, zu grinsen und sein schlagend Herz zu beruhigen, als er an den Triumphzug dachte. Er würde all jene strafen, die ihn ausgelacht hatten. Er würde den Allwissenden stolz machen und vor allem diese Kreatur, die ihn mehr verraten hatte als Haile selbst, endlich den Mund stopfen.
Doch hätte McAldrin gewusst, dass er selbst nur Teil einer Falle war, so hätte er nicht gelächelt.
Und sich keinen Triumphzug ausgemalt.
Vielleicht hätte er noch nicht einmal die Schlacht um Three Rivers gefochten, die nun im Begriff war, zu beginnen!
Vielleicht hätte er sich sofort ergeben oder wäre weg gelaufen. Doch er ahnte nichts und so bereitete er seine Truppen darauf vor, die Reisenden von Shengs Hope zu vernichten. So wie er es mit ihren Familien und Freunden gemacht hatte.
Geändert von Daen vom Clan (16.10.2015 um 16:23 Uhr)